Billiger Schwertkauf mit demselben Nutzen?
Wer auf die Idee kommt, sich ein echtes Katana aus Japan zu leisten, wird beeindruckt von den extremen Preisen. Wenn man die Möglichkeit findet, ein echtes, geschmiedetes scharfes Schwert zu kaufen, muss man neben Versandkosten noch Zoll- sowie Ausfuhr-/Einfuhrgebühren hinzurechnen. Man hört allerdings gelegentlich, dass Schwerter aus günstiger chinesischer Produktion stammen. Diese Produkte geraten nach japanischen Umlabeln in den Verkauf.
Aliexpress hat es
Ein Schwertliebhaber hat das ernst genommen und einfach eine Bestellung direkt bei chinesischer Quelle gewagt. Sein Film zeigt das ›Unboxing‹. Für 700 $ kein schlechter Schwertkauf — wenn man mit üblichen Preisniveau vergleicht. Kann ein ambitionierter Iaidoka so ein Schnäppchen wagen? Schaut man genau hin, dann werden Schwachpunkte deutlich:
Ein paar Probleme
- die Gebrauchsanweisung (Minute 2:00) ist vollständig und liefert einige Informationen.
- ein richtiges Zertifikat (Minute 3:25) gehört zu jeder anständigen Klinge dazu. Dieses wirkt ›hausgemacht‹.
- ein schönes Schwertstichblatt (Tsuba) blendet den Käufer (Minute 4:40), ist aber zu uneben für Übungszwecke.
- die Holzsicherungstifte (Mekugi) werden mit einem Bündel Ersatzstiften (Minute 4:47) geliefert. Die wird man brauchen, denn das Holzmaterial ist unbehandelt (nicht durchgetrocknet) und wird schnell schwinden, vielleicht brechen. Vielleicht löst sich die Klinge aus dem Griff. Das bedeutet höchste Gefahr bei kräftigem Schwingen!
- die Schwertscheide (Saya) scheint mit geschliffener Rochenhaut ummantelt, was sich aber wegen einer dicken glänzenden Lackschicht nicht überprüfen lässt. Wird beim aufgerufenen Preis auch nicht ›echt‹ sein.
- das Schwertband (Sageo) ist zu kurz. Das Material ist aus kurzlebiger Kunstfaser (Minute 6:04). Ein Ende rippelt schon von selbst auf.
- der Griff (Tsuka) sieht ganz ok aus. Ob die Wicklung (Minute 6:25) haltbar aufgezogen ist, lässt sich nicht überprüfen.
- die Sayaöffnung enthält eine schicke Metallabdeckung (Minute 6:36), die aber völlig unpassend aufgeklebt wurde.
- die Klinge (Minute 7:04) ist vielleicht geschmiedet, aber meines Erachtens (siehe ›Härtelinie‹) nicht traditionell gehärtet.
- natürlich ist die Griffangel ohne Kennzeichnung (Gravur) eines Schmiedes (Minute 7:25) versehen.
- die Griffpassung zur Klinge ist unterirdisch (Minute 8:25). Diese muss beim Zusammensetzen erzwungen werden. Kein gutes Zeichen.
- die Härtelinie (Hamon) ist nur ein wellenförmiger Anschliff (Minute 9:20).
- ob eine Faltung der Klinge beim Schmieden (Minute 9:40) erfolgte, ist zweifelhaft.
- das Saya sitzt stramm (Minute 10:30) = zu eng, sodass ein Nacharbeiten nötig ist.
- ›der gute alte Papiertest‹ zur Prüfung der Schärfe (Minute 10:50) ist nicht gerade berauschend.
Fazit
Das alles hört sich für einen Iaidoka nicht gut an. Das Schwert ist fürs Iaidoüben wenig geeignet (Sicherheit, Passung). Vielleicht kann man Schnitttests probieren, schließlich fehlt die Hohlkehle in der Klinge. Gefahr im Verzug, sollte das Mekugi als Klingensicherung versagen. Ich rate vom Kauf ab.
Hier der ganze Film des ›Unboxings‹.