Ein Beitrag auf Kendoinfo.net regte mich zum Nachdenken über Ichibyoshi an. Geoff erklärt Ichibyoshi als »raising the shinai and striking in the timing of one«, also Ausholen und Schlagen in Eins. Die Verwirklichung dessen ist eine technische Stufe höher als ›nur‹ das Erreichen eines korrekten Schnittes, mit diversen zusätzlichen Ansprüchen. Die obige Auffassung integriert eine weitere Bewegung in den Schlag, nämlich das Ausholen.
Mehr als Schneiden
Ausholen führt zum korrekten Schneiden, das scheint logisch klar. Dennoch legen Anfänger am meisten Wert auf einen starken Schnitt. Beim Iaido kracht kein Shinai auf die Rüstung eines Gegners, sondern man hört das Pfeifen des Schnitts. Bei manchem so laut, dass man diesen in großen Hallen wahrnehmen kann. Das mag sich gut anhören, ist aber ein Irrweg. Eine Maschine wird gelobt, wenn diese schneller und stärker ist als zuvor. Besser wäre es, man beachtet andere Fragen. Was macht einen guten Schnitt aus? Er ist weich und elastisch, der Oberkörper bleibt entspannt, die Hände bewegen sich dynamisch am Griff, die Kräfte werden von den Fußsohlen bis in die Spitze des Schwerts, am besten vertikal verlaufend, übertragen.
Ausholen als weiterer Teil
Ein Schnitt in Verbindung mit dem Ausholen als Einheit gedacht & gemacht ist gut fassbare Ergänzung zum Üben. Anfängern und Fortgeschrittenen als Auftrag nahe gelegt, wird diesen verständlich, dass Schwertlogik nicht nur in der Ausführung, sondern auch in Vorbereitung liegt. Mit anderen Worten ist gute Vorbereitung unerlässlich für einen guten Schnitt. Das mag selbstverständlich sein. Ohne Augenmerk auf den Start ist ein Finish schwach und zufällig. Das Ausholen als Vorgang ist sogar anspruchsvoller als der Schnitt selbst.
Übungen
Wie bei der Entwicklung von Hara, dem Gebrauch des Bauchraumes für Bewegung, braucht es zusätzliche Übungen, um ein Gespür zu entwickeln. Ein Beispiel. Benutze beim Aufwärmen kleine Gewichte, Hanteln von 1 bis max. 3 Kilo für jede Hand. Schwinge diese wie für einen Schnitt überkopf, wende Dich usw.; es werden Dir weitere Übungen einfallen.
Wenn Du schon dabei bist. Entwickle beim Üben generell Gespür für die ›andere Seite‹ von Bewegungen. Zum Beispiel: eine Drehung in der Kata kann man mit der Nase und Brust einleiten, oder über den Rücken gehen. Auftrag: entwickle eine flüssige Drehung vom nicht beachteten Teil deines Körpers. Der Rücken ist eigentlich immer Grundlage der Drehung. Der vordere Teil des Körpers wird leider übermäßig beachtet. Bloß, weil er in Sicht ist. Aber ich schweife ab.
Noch mehr als ›Ausholen und Schnitt‹
Ichibyoshi scheint mehr zu sein, als nur in einem Atemzug zwei Bewegungen zu kombinieren. Da ist schon schwer genug. Was man aber Ichibyoshi wirklich meinen mag, ist es, den richtigen, kurzen Moment für eine Schwertkampfaktion zu nutzen. Nur in einem Moment des Atemzugs kann eine Aktion als richtiger und wirksamer Angriff auf einen Gegner gelingen.